Innovative Beschichtungstechnologie zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit von wandartigen Bauteilen gegen Explosionsdruckwellen
Das Projekt »Smart Coating« untersucht einen innovativen Explosionsschutzanstrichs. Bei Explosionsereignissen entstehen nicht nur unmittelbare Gefahren durch die Druckwelle selbst, sondern auch Sekundärgefahren durch herausgeschleuderte Bauteiltrümmer und Fragmente. Insbesondere Wandscheiben aus Beton oder Mauerwerk zeigen bei hohem Explosionsdruck eine starke Fragmentbildung, was eine erhebliche Gefahr für Personen in der Umgebung darstellen kann.
Um diesen Risiken entgegenzuwirken, wird ein spezieller Anstrich auf Basis von Polyurea experimentell und numerisch analysiert, der die Widerstandsfähigkeit der Tragstruktur erhöht und die Fragmentbildung reduziert. Die Anwendung dieser Beschichtungen soll sicherstellen, dass Tragelemente wie Außenwände einer Explosionsbelastung standhalten können, was nicht nur die strukturelle Integrität des Gebäudes erhöht, sondern auch die Sicherheit der Umgebung gewährleistet.
Aufbauend auf Materialversuchen zum dehnratenabhängigen Festigkeitsverhalten von Polyurea, dem Verbund von Polyurea und des Trägermaterial (z.B. Beton) sowie auf Bauteilversuchen mit dem Stoßrohr des Fraunhofer EMI zum Explosionsverhalten konnte ein numerisches Simulationsmodell entwickelt und validiert werden, welches die Grundlage für umfassende Parameterstudien bildet.
Diese Studien untersuchen den Einfluss der Polyurea-Beschichtung auf verschiedene Parameter von Betonwandbauteilen, einschließlich der maximalen Auslenkung der Betonplatte und der plastischen Deformationen in der Bewehrung. Die Ergebnisse zeigen, dass Betonwandscheiben effektiv mit einer Polyurea-Beschichtung verstärkt werden können. Mit zunehmender Dicke der Beschichtung steigt die Effektivität der Maßnahme. Allerdings sind Beschichtungsdicken von über 6 mm baupraktisch schwierig umzusetzen, und der gegenüber einer 6 mm Beschichtung zunehmende positive Effekt ist im Verhältnis zum Aufwand eher vernachlässigbar.
Bei schlanken, biegebeanspruchten Konstruktionen, wie etwa aus Normalbeton (C35) mit typischem Bewehrungsgrad (0,5%), resultiert die Anwendung der Beschichtung in einer Reduktion der Biegeverformung sowie einer damit einhergehenden Reduktion der Bewehrungsplastifizierung, was zu einer höheren Resttragfähigkeit nach einem Ereignis führt. Für Konstruktionen, die ein eher spröderes Versagen oder ein Versagen mit Spallation und Abplatzung zeigen, reduziert die Polyurea-Beschichtung den Fragmentabgang und die Spallation auf der Schutzseite. Je dicker die Beschichtung, desto ausgeprägter ist der Spall-Liner-Effekt, der Fragmentierung und Splitterflug verhindert. Für gedrungene, massive Bauteile zeigt die Polyurea -Beschichtung in den analysierten Konfigurationen eine Reduktion der Plastifizierung in der Bewehrung auf Null. Weitere Analysen könnten aufzeigen, dass der Reparaturaufwand nach einem Ereignis lediglich auf den Beton beschränkt ist und die Bewehrung weiterhin volle Tragfähigkeit aufweist.
Das Projekt zielt darauf ab, die Wirksamkeit der PUA-Beschichtung zu quantifizieren und zu qualifizieren, sodass Bauherren und Ingenieure in Zukunft auf effektive Lösungen zur Erhöhung des baulichen Schutzes gegen explosionsbedingte Gefahren zurückgreifen können. Die einfache Anwendung in flexiblen Formen erlaubt zudem den Retrofit von Bestandbauwerken.